 Der eigentliche, bis heute verwendete Nummernschalter, der ohne den Einsatz einer lokalen Batterie auskommt und zudem die Leitungsadern für die Sprechverbindung zur Übertragung der gewählten Nummer nutzt, wurde von Siemens & Halske entwickelt und am 29. April 1913 als Patent angemeldet. Verschiedene Quellen nennen den Franzosen Antoine Barnay den Erfinder, dieser hatte jedoch ein komplettes Wählsystem und nicht den Nummernschalter an sich erfunden, dass er am 18. Mai 1923 als Patent anmeldete
Nummernschalter waren Verschleißteile, die nach einer längeren Betriebszeit ausgetauscht oder überholt werden mussten. Vom Verschleiß betroffen waren insbesondere der Fliehkraftregler, dessen Lager und der Kontaktsatz.
Die Firma Krone in Berlin entwickelte Anfang der 1970er-Jahre einen wartungsfreien, besonders langlebigen Typ (Nummernschalter 61f). Bei diesem wurde der Fliehkraftregler am Ende des Ablaufs nicht abrupt abgebremst, er lief langsam aus.
Die Steuerung der nsi-Kontakte erfolgte durch Metallkugeln in einer Kunststoffkulisse. Der Ablauf war sehr geräuscharm, geschah insgesamt etwas langsamer als bei herkömmlichen Typen (ca. 1,4 Sekunden beim Wählen einer Null). Durch die relativ hohen Fertigungskosten konnte sich dieses Modell für die Apparate der Deutschen Bundespost jedoch nicht durchsetzen. Im Laufe der Zeit wurden die Getriebe zunehmend aus Kunststoff gefertigt.
Aufbau und Funktionsweise:
Der Nummerschalter besitzt eine Fingerlochscheibe mit zehn Löchern, jede Ziffer von 1 bis 9 sowie die 0 ist je einem Loch zugeordnet. Eine Ziffer wird gewählt, indem der Benutzer den Zeigefinger in das entsprechende Loch der Fingerlochscheibe steckt und die Rückdrehfeder durch diese Rechtsdrehung bis zum Anschlag (Fingeranschlag) spannt (technische Bez.: Aufziehen). Dann wird der Finger herausgezogen und die Rückdrehfeder dreht die Fingerlochscheibe in ihre Ursprungslage zurück (technische Bez.: Ablauf). Bei diesem Ablauf wird durch den Nummernschalter eine der gewählten Ziffer entsprechende Anzahl von Unterbrechungen der Telefonleitung erzeugt und so zur Vermittlungsstelle signalisiert.
Der Nummernschalter besteht im Wesentlichen aus:
- Fingerlochscheibe
- Fingeranschlag
- Zifferblatt (Zahlenkranz)
- Rückdrehfeder
- Fliehkraftregler
- Stromstoßrad (auch Impulsscheibe genannt)
- sowie drei Kontakten.
Je nach Bauart des Nummernschalters können zur Übertragung der Drehbewegung noch diverse Rutschkupplungen dazu kommen.
Der Fliehkraftregler:
Eine normgerechte Dauer der Impulse wird durch den Fliehkraftreglersichergestellt, der für eine gleichmäßige Drehgeschwindigkeit des Nummernschalters beim Ablauf sorgt, indem er die Drehzahl der Wählscheibe auf etwa 43 Umdrehungen pro Minute (bei älteren Nummernschaltern 50 min-1) einregelt. Durch die aufgezogene Rückdrehfeder angetrieben, regelt er die Drehzahl des Stromstoßrads und der Nockenscheibe. Er ist je nach Bauart über eine Schneckenwelle oder ein Zahnrad mit dem Stromstoßrad gekoppelt. Im Fliehkraftregler werden zwei durch eine Feder vorgespannte Bremsbacken durch die Fliehkraft gegen eine kleine Bremstrommel gedrückt. Durch Ändern der Federspannung lässt sich die Drehzahl des Reglers fein justieren und somit die Ablaufzeit des Nummernschalters korrigieren.
Sowohl beim Aufziehen als auch beim Ablauf des Nummernschalters werden drei Kontakte über ein so genanntes Stromstoßrad und eine Nockenscheibe betätigt.
Die Bezeichnungen dieser drei Kontakte lauten
- nsa = Nummern-schalter-arbeits- (oder Abschalte-)Kontakt
- nsi = Nummern-Schalter-Impuls-Kontakt
- nsr = Nummern-schalter-reduzier- (oder Ruhe-)Kontakt
nsa-Kontakt:
Der nsa wird beim Aufziehen des Nummernschalters durch die Nockenscheibe geschlossen und bleibt dies auch bis zum Ende des Ablaufs. Er überbrückt die 'innere' Telefonschaltung (Sprechkreis). Hierdurch wird erreicht, dass keine Impulsverzerrungen auftreten und die Wählimpulse (Knacken) nicht in den Handapparat Telefonhörer gelangen. Durch dieses Kurzschließen sinkt die Arbeitsspannung am Telefon, je nach Endgerätetyp, von ca. 8–12 Volt auf 0 Volt.
nsi-Kontakt:
Durch den nsi werden die Wahlimpulse erzeugt, indem das Stromstoßrad diesen Kontakt unterbricht. Die gewünschte Nummer entsteht durch eine gleichmäßige rhythmische Unterbrechung der Leitungsschleife Telefonleitung Dadurch liegt die Leerlaufspannung (ca. 60 Volt) für einen kurzen Moment am Telefon. Hierbei ist zu beachten, dass der nsi immer zwei zusätzliche Impulse, die so genannten Leerlaufimpulse erzeugt. Wird beispielsweise die Ziffer 5 gewählt, produziert der nsi 5 + 2 = 7 Impulse.
nsr-Kontakt:
Die Aufgabe des nsr ist es, die durch den nsi erzeugten zwei zusätzlichen Leerlaufimpulse auf der Leitungsschleife Telefonleitung unwirksam zu machen. Dies geschieht dadurch, dass der nsr den nsi bei den beiden Leerlaufimpulsen überbrückt. Die Überbrückung der zwei Leerimpulse kann je nach Konstruktion des Nummernschalters am Anfang oder am Ende der Impulsserie erfolgen. Eine Überbrückung am Anfang hat den zusätzlichen Vorteil, dass der Fliehkraftregler mehr Zeit erhält, seine Soll-Drehgeschwindigkeit zu erreichen.
Der nsr wird beim Ablauf durch die Nockenscheibe geschlossen. Hierdurch wird erreicht, dass zwischen zwei gewählten Ziffern eine genügend große Pause entsteht. Damit soll verhindert werden, dass zwei schnell hintereinander gewählte Ziffern „1“ als Ziffer „2“ von der Vermittlungsstelle erkannt werden. Zusätzlich erreicht man durch diese Impulspause eine ausreichend freie Zeit zum Durchsteuern der mechanischen Gruppenwähler Edelmetall-Motor-Drehwählerin der Vermittlungstechnik.
Die Gesamtzeit beträgt 1,20 Sekunden. Ältere Nummernschalter der Bauart N24 oder N30, die zum Beispiel in Fernsprechern wie dem W28oder dem ersten Modell 36 eingebaut waren, hatten diese Zwangspause noch nicht. Erst ab 1938 wurden von Siemens & Halske mit der Einführung des Fernsprechers Nummernschalter-Typen mit nsr (Bauart Nr. 38) eingesetzt. Die 38er-Typen hatten auch schneller laufende Fliehkraftregler als ihre Vorgänger, die den Ablauf ruhiger machten und dafür sorgten, dass die Nenndrehzahl früher erreicht wurde.
Da in dem geschalteten Stromkreis induktive Komponenten enthalten sind, unterliegen die Nummernschalterkontakte infolge von Funkenbildung und Materialwanderung einem Verschleiß. Deshalb wurden bereits ab den 1920er Jahren zusätzliche Bauelemente zur Funkenlöschung in die Telefonapparate eingebaut. Im Laufe der Jahre kam es zu weiteren technischen Verbesserungen – zum Beispiel wurde eine sogenannte „Rückdrehsperre“ eingebaut (Bauart Nr. 38 R). Diese verhinderte, dass sich das Stromstoßrad beim Aufziehen rückwärts mitbewegen konnte und dadurch Störungen verursachten.
Die letzte Generation von Nummernschaltern ab etwa Ende der 1970er-Jahre mit Vollkunststoff-Getriebe hatte keinen nsr mehr. Dort wurde die Zeitverzögerung von 0,2 Sekunden zwischen den gewählten Ziffern nun mechanisch durch Kunststoff-Formteile erreicht. Der nsi erzeugte dadurch nur noch maximal 10 Impulse.
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