Die Leitungswähler (LW) 55v haben die gleichen Aufgaben zu erfüllen wie die OFLW aus dem System 50.
Mit insgesamt 11 Relais und einem 112-teiligen EMD Wähler gehört der LW zu den aufwendigsten Wahlstufen im EMD Vermittlungssystem 55. Aufgrund der Vereinfachungen (Fernsperrung, Ausnahme-Fernamtsansage und Nachrufen sind nicht mehr möglich) konnte beim Leitungswähler 55v auf die noch beim System 55 vorhandene Unterscheidung zwischen orts- und fern besetzt verzichtet werden und der OFLW durch den vereinfachten LW 55v ersetzt werden. Dadurch ist das Aufschalten durch Fernbeamte auf Orts- und Fernverbindungen möglich.
Neben den erheblichen Verbesserungen durch den Einsatz des EMD Wählers wurden auch die zur Gleichstromabriegelung in den a- und b-Adern im System 50 eingesetzten Kondensatoren (die Relaisverzögerungen und Wahlimpulsverzerrungen verursachten) durch Ortsleitungsübertrager ersetzt. Dadurch wurden auch die zusätzlichen und störenden Längsspannungen, die auf beiden Sprechadern (Ortsverbindungsleitungen) gleichsinnig auftreten, wirkungslos.
Im EMD System 55v gibt es zwei Arten von LW:
- für Einzelanschlüsse den LW 55ve
- für Sammelanschlüsse den LW 55vs
Beim LW 55vs sind der Beginn eines Sammelanschlusses (1 KOhm über den Kontakt-d gegen Erde) und das Ende (direktes Erdpotential über den Kontakt-d) am EMD Wähler markiert.
Er muss nach der Ausführung der Einerwahl bei belegten Anschlüssen alle dem Sammelanschluss zugeordneten Ausgänge absuchen. Bei diesem schnellen Prüflauf wird ähnlich wie bei der Freiwahl eines GW ein schnelles Prüfrelais benötigt, um den EMD Wähler nach dem Aufprüfen auch sicher stillsetzen zu können.
Der LW 55ve dagegen kann, da die Zeitbedingungen für das Stillsetzen des EMD Wählers nicht kritisch sind, mit einem systemüblichen Flachrelais als Prüfrelais ausgerüstet werden.
Vermittlungstechnisch hat der LW, im Gegensatz zu einem GW, zwei Ziffern, und zwar die beiden letzten der Teilnehmerrufnummer (gesteuerte Dekaden- und Einerwahl), zu verarbeiten. Er wird über das Belegungsrelais C von der letzten GW Stufe belegt.
Die eintreffenden Wahlimpulse gelangen auf das Impulsrelais E, welches im Zusammenspiel mit dem Wahlbegleitrelais V und den Haupt- und Zwischenrastkontakten hr und zr des Laufwerkes den EMD Wähler steuert.
Während der ersten Impulsserie bleibt das abfallverzögerte Relais-V angezogen, und der EMD Wähler wird bei jedem Impuls um eine Dekade weitergeschaltet. Am Ende der ersten Impulsserie fällt das Relais-V verzögert ab, und der EMD Wähler wird jetzt durch das Umsteuerrelais U von Dekadenwahl auf die Einerwahl umgeschaltet.
Mit der dann folgenden letzten Impulsserie wird der EMD Wähler durch Zusammenarbeit mit dem Relais-E mit dem Motorsteuerrelais R unter Mithilfe der Laufwerkskontakte in der voreingestellten Dekade zur Einerwahl veranlasst. Das Relais-V zieht beim ersten Impuls an und fällt wegen seiner Abfallverzögerung erst am Ende der Impulsserie ab.
Während der Einerwahl (letzte Ziffer) sendet der LW das Wählende Zeichen rückwärts über die Ader-b, die Länge des Zeichens wird durch die Abfallzeit des Relais-V begrenzt. Dieses Wählende Zeichen wird für die zentralen Einrichtungen im Fernverkehr benötigt. Damit werden im Fernverkehr in der KVSt die nicht mehr benötigten zentralen Einrichtungen wie z. B. das Register sofort wieder für andere Teilnehmer freigegeben.
Bei der letzten Impulsserie spricht mit dem Relais-V auch für Prüfzeitbegrenzung das Relais T an, nach dem Abfall des Relais-V wird für die Rufverzögerung das Relais G angeschaltet. Dieses Relais spricht durch einen Heißleiter um ca. 300 ms verzögert an, danach wird die Aufprüfung durchgeführt. Durch diese Rückkontrolle wird verhindert, dass ein Teilnehmer, wenn er bei der Wahl der letzten Nummer auflegt, nicht ein Teilnehmer noch versehentlich gerufen wird.
Bei einem freien Ausgang kann nach dem Ende der Wahl das Relais-G anziehen, so wird mit dem Prüfrelais P kontrolliert, ob die gewünschte TS frei ist. Im Besetztfall zieht das Relais P nicht an, das Relais G bleibt angezogen, Relais T fällt ab. Dem rufenden Teilnehmer wird der Besetzt Ton angelegt.
Wenn das schnelle Prüfrelais P aufprüfen kann, so werden über das Prüfhilfsrelais Ph die Sprechadern über den Andruckmagneten im EMD Wähler durchgeschaltet. Das Speiserelais A für den gerufenen Teilnehmer ist angeschaltet und überwacht den gerufenen Teilnehmer.
Der LW ist gegen weiteres Aufprüfen gesperrt. Über einen Kontakt p wird das Relais E durchgeschaltet. Es veranlasst den ersten Ruf zum Teilnehmer. Das Relais T schaltet wich mit Hilfe eines Heißleiters ab und begrenzt den ersten Ruf. In den vorhergehenden Wahlsystemen wurde der erste Ruf durch einen Langsamunterbrecher (LU) erzeugt. Das Relais-E erhält für die folgenden Rufe seinen Strom aus den zentralen 5 Sekunden Kontakten der Ruf- und Signalmaschine. Parallel zum Ruf wird dem rufenden Teilnehmer mit einem Kontakt-e das Freizeichen über eine Wicklung im OLÜ eingespeist.
Sobald der angerufenen seinen Hörer abnimmt, zieht das Schleifen Relais A an, und schaltet die noch offene Ader-b durch. Das Relais E und das Relais-G fallen ab. Das Zählrelais Z spricht an.
Mit dem Anzug von dem Relais-A und den Relais-Z wird über den OLÜ auf der Eingangsseite des LW an die Ader-b das Minuspotential als Dauersignal angelegt. Beim Ortsverkehr wird dieses Signal im 1. GW als Beginn Zeichen ausgewertet. Ab dem Jahr 1980 wird dadurch die Zeitzählung für den Ortsverkehr wird eingeleitet. An die Ader-b wird durch das Relais-G ein zeitlich begrenzter Erdimpuls gegeben. Er wird für das Beginnzeichen im Fernverkehr benötigt.
Auslösung
Die Auslösung der LW 55v erfolgt durch die Auftrennung der Ader-c auf der Eingangsseite. Diese Auftrennung wird durch den 1. GW ausgelöst und schaltet Wahlstufe für Wahlstufe incl. den LW frei.
Sobald auch der gerufenen Teilnehmer auflegt, fällt das Relais-A ab und der Leitungswähler dreht sich auf seine Nullstellung weiter.
Legt dagegen der gerufenen Teilnehmer zuerst auf, so wird wie im OFLW 50 nach dem Abfall des Relais-A und des Relais-Z das Flackerschluss Zeichen als Erdimpulse an die Ader-a angelegt. Nach der Einführung des Nahdienstes (Zeitzählung im Ortsverkehr) wird durch die ZZS Platine nach dem 8. Flackerschluss Zeichen im 1.GW die Verbindung ausgelöst. Den angerufenen Teilnehmern wird danach das Besetztzeichen angeschaltet. (Blockade Freischaltung)
Zählunterdrückung
Sollen bestimmte Rufnummern gebührenfrei erreicht werden (Hinweisdienst, Ansage geänderter Rufnummern), so darf bei Ortsverkehr kein Beginnzeichen in Form einer Minusspannung an die b-Ader gelegt werden. In diesen Fällen muss die vom LW angesteuerte Einrichtung (TS oder z. B. eine angeschaltete Ansageübertragung) sofort nach dem Aufprüfen Erdpotential an die c-Ader legen, damit bei Schleifenbildung (Anziehen des A-Relais) das Z-Relais nicht ansprechen kann. Die Zählspannung über die Drossel L wird dann nicht an die b-Ader anlegt. (kein Beginnzeichen).
Bei ankommendem Fernverkehr bewirkt das Fehlen des Beginnzeichens in der Regel die Auslösung der Verbindung durch die Fernvermittlungsstelle (ZIG in der KVSt) nach Ablauf einer Zeitüberwachung (circa 90 Sekunden).
Bei Ortsverbindungen, die nicht der Zeitzählung unterliegen sollen, muss die Zählspannung an der b-Ader entsprechend der Tarifvorgabe im richtigen Verhältnis ein- bzw. abgeschaltet werden. Im Fall der Telefonseelsorge (Einfachzählung) wird die Minusspannung z. B. nach ca. 1 s wieder abgeschaltet, so dass nur der Meldezählimpuls gebührenrelevant ist.
Wird nach einer Unterbrechung größer als 40 ms die Zählspannung für eine Zeit größer als 600 ms erneut angelegt, so wird bei Ortsverkehr auch erneut im ZZS des 1. GW ein Beginnimpuls, in diesem Fall also der zweite Zählimpuls, gebildet.
Derartige Gebührenvarianten sind aber im LW 55v nicht vorgesehen. Es werden in solchen Fällen dann statt der LW spezielle Übertragungen eingesetzt, die die Zählspannung je nach Tarifvorgabe an- und abschalten. Werden derartige Übertragungen über den Fernverkehr erreicht, so gelten in der Regel die regulären Ferntarife
Prüfleitungswähler
Für jede Hundertergruppe ist für Prüfzwecke ein Prüfleitungswähler vorgesehen, um z. B. bei Störungsmeldungen von einer zentralen Entstörungsstelle aus jeden Anschluss ansteuern und mit Hilfe zentraler Prüfeinrichtungen den Anschluss und die Anschlussleitung einer Kurzprüfung unterziehen zu können. Dadurch werden viele Entstörgänge zu den Teilnehmern entbehrlich.
Der Prüfleitungswähler kann von der Entstörungsstelle über das Gleichstromprüfnetz mit Hilfe eines Prüfgruppenwählers erreicht werden und die Verbindung kann zur Prüfung galvanisch durchgeschaltet werden.