 Der Fernschreiber ist ein Telegrafie Gerät zur Übermittlung von Nachrichten in Schriftform mit Hilfe von elektrischen Signalen.
Im Englischen heißt das Gerät Teletypewriter. (Dagegen ist Teletype ein Warenzeichen.) Davon abgeleitet ist die Bezeichnung TTY für serielle Schnittstellentreiber in Computer-Betriebssystemen.
Das rechte Bild zeigt den Blattschreiber LO 15 Bildquelle: Licensed under CC-BY-SA-3.0 Urheber: Túrelio
Als Vorgänger können Morsegeräte und der von Siemens & Halske entwickelte Zeigertelegraf gelten. Dem Fernschreiber verwandte Geräte sind der Hellschreiber und das Faxgerät.
Ein- und Ausgabe:
Ein Fernschreiber ähnelt äußerlich einer elektrischen Schreibmaschine, wobei die Tastatur, die die Sendeeinheit beinhaltet, und das Druckwerk, das den Empfänger beherbergt, unabhängig voneinander arbeiten, jedoch in der Regel in Reihe geschaltet betrieben werden, um das auf der eigenen Seite Geschriebene lesen zu können. Modernere mechanische und elektronische Fernschreiber verfügen darüber hinaus über Einrichtungen, die dem Empfänger signalisieren, wenn das empfangene Zeichen lokal gesendet wurde. Der Empfänger hebt dann eine der Richtungen farbig hervor (z. B. rot für den gesendeten Text).
Zur Ausstattung des Fernschreibers gehören oft ein Lochstreifenleser und Lochstreifenstanzer, um vorbereitete Texte mittels eines Lochstreifens mit maximaler Geschwindigkeit übertragen und so die Verbindungsdauer kurz zu halten oder Textbausteine speichern zu können. Seit den 1980er Jahren werden auch elektronische Speichermedien benutzt. Siehe auch Lochstreifen.
Man unterscheidet Blattschreiber und Streifenschreiber. Blattschreiber geben den Text wie eine Schreibmaschine auf einer Endlosrolle in der Breite eines üblichen Briefes (z. B. DIN A4) aus. Streifenschreiber hingegen geben den Text auf einem in der Regel 9,5 mm breiten Papierstreifen aus. So hat der Telegrammdienst der Deutschen Bundespost z. B. Streifenschreiber eingesetzt.
Übertragungsverfahren:
Fernschreiber verwenden eine sequenzielle digitale asynchrone Datenübertragung mit Start- und Stoppbits und nutzen meist einen 5-Bit-Code, das Internationale Telegrafenalphabet Nr. 2 (kurz CCITT-2 oder ITA2), das umgangssprachlich oft fälschlicherweise als Baudot-Code bezeichnet wird. Dieser Code beschränkt den zur Verfügung stehenden Zeichensatz auf 32 Zeichen (25=32). Zur Übertragung von Buchstaben, Ziffern und Sonderzeichen ist der Code auf zwei Ebenen aufgeteilt, zwischen denen mittels Spezialzeichen zur Buchstaben-Ziffernumschaltung gewechselt wird. Da die beiden Umschaltzeichen sowie Wagenrücklauf und Zeilenvorschub auf beiden Ebenen Gültigkeit besitzen, beträgt die Höchstzahl übertragbarer Zeichen 56, von denen einige allerdings im ITA2 nicht belegt sind.
Übertragen wird üblicherweise mit 50 Baud (hier gleich 50 Bit/s); es existieren jedoch auch Geräte mit 75 (siehe Bild) und 100 Baud Übertragungsgeschwindigkeit. Das verwendete Zeichenformat besteht aus einem Startbit, 5 Codebits und 1,5 Stoppbits.[1] Dadurch konnte im Telex-Netz, aufgrund der gebräuchlichen 50 Baud, eine Übertragungsrate von 6,67 Zeichen pro Sekunde erreicht werden.
Die Geschwindigkeit eines mechanischen Fernschreibers wird über einen Fliehkraftregler am Motor geregelt, welcher üblicherweise mit einer Stimmgabel nach dem Stroboskopprinzip eingestellt wird.
Die Anbindung mechanischer Fernschreiber geschieht mittels einer 40-mA-Stromschleife. Die logische 1 („Ruhelage“) wird von der geschlossenen Schleife repräsentiert, die logische 0 („Zeichenlage“) durch den unterbrochenen Stromkreis.
Später gebaute elektronische Fernschreibmaschinen verfügen teilweise über andere Schnittstellen wie RS232 oder ein direkt eingebautes Modem. Von dem rhythmisch tickenden Geräusch beim Arbeiten eines Fernschreibers leitet sich die Redewendung „eine Nachricht läuft über den Ticker“ her.
Fernschreibnetze:
1938 wurde ein behördliches Fernschreibnetz in Hamburg von der Firma Siemens & Halske installiert. Fernschreiber werden auch heute noch stellenweise von Behörden verwendet.
Bundeswehr:
Die Bundeswehr benutzte bis zum Jahr 1986 das so genannte Bundeswehrgrundnetz zur militärischen Nachrichtenübermittlung. Dabei handelte es sich um ein vermaschtes Sternnetz, welches über Leit-, Knoten- und Endvermittlungen arbeitete und bei Ausfall einer dieser Komponenten ersatzweise andere Vermittlungswege im Netz benutzte (Ausfallsicherheit und Verfügbarkeit wurden so gewährleistet).
1986 wurde dieses Netz durch das AFDNBw (Automatisiertes Fernschreib- und Datenübertragungsnetz der Bundeswehr) ersetzt, in dem immer noch die alten Fernschreib- und Schlüsselgeräte benutzt werden konnten.
Im Rahmen des Kooperationsvertrages Herkules wurde, als einer von vielen Vertragspunkten, auch die gesamte nicht-militärische IT der Bundeswehr erneuert. Dies führte u. a. dazu, dass am 30. November 2006 das gesamte AFDNBw abgeschaltet und durch das neue System NUKOM BW 2000 (NUtzerorientierte KOMmunikation) ersetzt wurde. Der herkömmliche Fernschreibbetriebsdienst der Bundeswehr wurde ersetzt durch das Military Message Handling System der Bundeswehr (MMHSBw).
Dieses System stellt unter anderem insofern eine Vereinfachung des Nachrichtenverkehrs dar, als dass der Mitarbeiter in einer Fernschreibstelle keine aufwändige und fachspezifische Ausbildung mehr durchlaufen muss. Das neue System basiert auf einem modifizierten MS-Outlook-Client. Dieser entspricht zum großen Teil dem normalen E-Mail-Programm MS-Outlook, ist allerdings um einige militärische Spezifikationen erweitert. So können u. a. militärische Vorrangstufen (wichtig in Bezug auf die maximale Laufzeit einer Meldung vom Absender zum Empfänger) und militärische Geheimhaltungsgrade eingegeben werden.
Sonstige Netze:
Neben drahtgebundenen Fernschreibnetzen (Telex) existieren weltweit noch zahlreiche Funkfernschreibnetze, die Nachrichten per Funk z. B. über Kurzwelle austauschen. Die Bezeichnung dieser Dienste hierfür lautet Radio Teletype, kurz RTTY.
Das öffentliche Telexnetz der Deutschen Bundespost und heutigen Deutschen Telekom war bis in die 1990er Jahre als ein eigenständiges Netz mit eigenen Vermittlungsstellen im Betrieb. Die Verbindungen zum Nachrichtenaustausch mit den Telexpartnern konnten mittels eines Wählzusatzgerätes anhand ihrer öffentlichen Telexnummer wie bei einem Telefon direkt über eine automatische Wähleinrichtung hergestellt werden. Dieses Netz war in das internationale Fernschreibnetz eingebunden.
Heute gibt es kaum noch reine Fernschreib- oder Telexnetze und Vermittlungsstellen. Die meisten Fernschreibnetze sind über Gateways in weitere Nachrichten- oder Datennetze eingebunden und können teilweise in diesen Systemen als Zusatzdienst betrieben werden. Fernschreiber können auch im Direktbetrieb fest als Gegenstellen miteinander verbunden sein.
Fernschreibnetze in der DDR:
In der DDR existierten mehrere automatische Fernschreibnetze im Selbstwählbetrieb nebeneinander:
- öffentliches Fernschreibnetz der Deutschen Post für Betriebe
- BAFESA Netz der Deutschen Reichsbahn (Bahn-Fernschreib-SelbstanschlussAnlage)
- S1-Netz für Behörden und staatliche Dienststellen
- und weitere nicht öffentliche Netze der NVA, des Ministerium des Inneren (MdI), des Ministeriums für Staatssicherheit sowie des Warschauer Pakts.
Entsprechend der Wichtigkeit eines Fernschreibanschlusses war auch die Nutzung eines anderen Fernschreibnetzes durch netzfremde Teilnehmer direkt und indirekt möglich.
Weiterentwicklungen:
Durch den Einsatz von Elektronik und Software sind die aufwendigen Wartungen und Einstellungen an den mechanischen Bauteilen eines Fernschreibers und an dem Fernschreibnetz weitgehend entfallen.
Der klassische mechanische Fernschreiber ist heute vielfach durch ein Fernschreib-E-Mail-Gateway oder durch einen PC mit Drucker und Spezialhardware zum Anschluss an den vorhandenen Fernschreibanschluss oder für eine Funkstation ersetzt worden.
So ist für die PC-Software WinTelex32 dial von der Swisscom keine eigene Telexleitung mehr erforderlich. Die Verbindung zur Telexvermittlung geschieht über das öffentliche Telefonnetz. Win Telex32 TCP/IP wiederum stellt über das öffentliche Internet die Verbindung zur Telexvermittlung her, wobei die normale Telexnummer erhalten bleibt. Die Authentifizierung der Teilnehmer erfolgt mit X.509-Zertifikaten mit (512-bit-Schlüsseln), wobei die Kommunikation über das Internet mit einem 128-bit-Schlüssel gesichert wird. Trotzdem haben Faxgeräte, Mailboxsysteme und Internet das Fernschreiben als Hauptkommunikationsverfahren für Texte und Daten Ende der 1990er Jahre praktisch abgelöst.
Vorteile des Fernschreibens:
Im Unterschied zum Morsen kann die Nachricht beim Empfang sofort als Klartext gelesen oder automatisch weiterverarbeitet werden. Weiterhin ist auch die automatische Ver- und Entschlüsselung von codierten Fernschreiben durch entsprechende Geräte mit Lochstreifen möglich. Die verwendeten Nachrichtenkanäle müssen nicht ständig manuell auf ankommende Nachrichten überwacht werden. So kann auch der Fernschreibbetrieb bei Bedarf weitgehend automatisiert erfolgen und eine vorbereitete Nachricht automatisch zu einem bestimmten Zeitpunkt mittels Lochstreifenlesers versendet werden. Damit kann eine hohe Effizienz bei der Ausnutzung des Nachrichtenkanals erreicht werden.
Der Fernschreiber kann über ein Spezialmodem direkt an eine bestehende V.31-Schnittstelle zur Datenübertragung angeschlossen werden. Auch lassen sich automatische Messstationen oder Fernwirkeinrichtungen einfach an einen bestehenden Fernschreibanschluss anbinden sowie Daten und Befehle als „Fernschreiben“ versenden.
Die größten Vorteile des Fernschreibens sind auch heute noch die einfache und sichere Art der automatischen Text- und Datenübermittlung über beliebige Übertragungsmedien wie beispielsweise Funk und Datennetze, sowie als Wechselstromtelegrafie über bestehende Telefonleitungen. Heute wird der Fernschreibdienst häufig über bereits bestehende Datenverbindungen mittels Umsetzer bzw. Konverter als Gastsystem oder durch Gateways in andere Netze oder über Funk abgewickelt.
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